Ich bin deine Trauer. Darf ich dein Freund sein ?

Ich bin deine Trauer. Darf ich dein Freund sein ?

Ich bin deine Trauer.

Darf ich dein Freund sein?



Ich hab schon öfter versucht, mir dir Kontakt aufzunehmen.

Ich fühle mich manchmal sehr allein und suche Freunde.

Damit du mich nicht übersiehst, versuche ich, auf mich aufmerksam zu machen.

Ich versuche es manchmal ganz leise, manchmal lauter.

Aber es bleibt sehr schwer für mich, dich zu erreichen.



Ich begegne dir oft mit Liebe und Verständnis.

Denn ich möchte dich nicht verschrecken.

Ich berühre deine Hand, aber du ziehst sie weg.

Du schaust mich nicht an. Du ignorierst mich.

Ich versuche dich zu umarmen, aber du schüttelst mich ab.



Ich möchte doch nur dein Freund sein.



Schau, ich kann auch in bunten Farben kommen.

Ich kann hell und leicht sein. Glaub mir.



Ich möchte doch nur dein Freund sein.



Ok, ich gebe es zu: Ich habe kein gutes Image.

Man redet schlecht über mich. Ich habe keine Fürsprecher. Keine Lobby.

Und doch versuche ich dir immer wieder zu zeigen,

dass es sich lohnt, mir eine Chance zu geben.

Vertraue mir.



Schau mich an. Ich will dir nichts Böses.

Ich möchte dir Leben schenken.

Ich möchte dir Liebe schenken.

Ich möchte dich lebendig machen.

Aber ich sehe, wie du Zeit verschwendest.

Zeit ist so wertvoll und du siehst es nicht.



Solange du lebst, möchte ich, dass du lebendig bist.

Denn ich schaue dir so gerne beim Leben und Lieben zu.

Ich möchte dich glücklich sehen.

Ich möchte deine Augen strahlen sehen.

Aber du verschwendest so viel Zeit mit Dingen, die dich nicht glücklich machen.



Und ich verrate dir ein Geheimnis, das dir nicht gefallen wird.

Du hast nicht unendlich Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.

Denn irgendwann ist deine ZEIT gekommen.

Dann wird der Tod sanft deine Hand nehmen und dich in ein neues Abenteuer führen.

Aber hab keine Angst vor dem Tag.

Bis dahin lebe! Jeden Tag!



Schau, ich weiß, dass du grosse Angst vor mir hast.

Ich versteh das gut.

Nichts ist schön an mir auf den ersten Blick.

Nichts ist liebenswert.

Du läufst an mir vorbei. Kein Wunder.



Erst wenn du mich mit Liebe ansiehst,

wirst du meine ganze Schönheit erkennen.

Wenn du dir Zeit nimmst und hinter die dunkle Fassade schaust,

wirst du erkennen, dass ich ein Geschenk für dich bin.

Dann strahle ich wie der schönste Diamant.

Dann leuchte in den hellsten Farben.

Dann siehst du, dass hinter der Dunkelheit ein Schimmern und Leuchten ist.



Aber du siehst mich nicht.

Du nimmst mich nicht wahr.

Du wendest mir den Rücken zu.

Ignorierst mich.

Beschimpfst mich.



Ich wünsche mir doch nur, dass du keine Zeit verschwendest.

Ich wünsche mir so sehr, dass du das Leben lebst und dein Herz öffnest.



Denn wenn du dein Herz vor mir verschließt,

dann verschließt du auch dein Herz vor der Liebe.

Ich wünsche mir, dass du lernst, bewusst zu leben,

damit du irgendwann glücklich gehen kannst an den Ort,

den noch niemand kennt.



Die Liebe und die Trauer sind wie Geschwister.

Wir gehören zusammen.

Und wenn du mich wegschiebst, dann fehlt die ein grosser Teil.

Dann wirst du nur halb so glücklich.

Dann verzichtest du auf ein grosses Geschenk.



Ich weiß, dass mir die Menschen am liebsten nie begegnen würden.

Sie tun so, als hätten sie ewig Zeit.



Ich würde sie so gerne in die Arme nehmen, aber sie haben so grosse Angst vor mir.

Schau mich an und ich verspreche dir, dass ich dir nicht weh tun werde.

Vertraue mir, gib mir deine Hand und ich zeige dir einen liebevollen Weg.



Ich bin deine Trauer.

Ich möchte nur ganz leise bei dir sein.

Ich möchte doch nur dein Freund sein."



® 2024
Text: Petra Berghaus, 
Bild: Phela









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2 Kommentare

Ich habe in meinem Leben schon sehr früh Kontakt mit dem Tod gehabt.
Mit 6 Jahren war ich dabei als mein Großvater starb, es war in unserer Familie völlig normal, dass wir Kinder dabei waren.
Als ich 7 Jahre alt war verstarb mein Bruder, der Tod gehörte für mich zum Leben dazu.
Viele Jahre später verunglückte meine beste Freundin mit nur 40 Jahren tödlich und der Krebs holte eine Cousine und einen Cousin.
Dann erkrankte meine Mutter an Krebs, innerhalb 2 Wochen mussten wir eine palliative Betreuung zuhause organisieren.
Zusammen mit meinem Vater pflegte ich sie bis zum letzten Atemzug, für mich war es im Nachhinein die intensivste Zeit die ich mit meiner Mutter hatte.
Mein Tochter war schon lange chronisch krank, plötzlich verschlechterte sich ihre Situation, mein Vater starb 4 Jahre nach meiner Mutter und der Gesundheitszustand meiner Tochter verschlechterte sich weiterhin zunehmend.
Von meinem Mann getrennt, musste ich mich um alles alleine kümmern.
Er sah seine Tochter nur noch als Belastung.
Die Pflege war sehr aufwendig, mit Gaben von Medikamenten und Infusionen 24/7.
Dann kam der Tag, der mein Leben völlig veränderte, meine jüngste Tochter verstarb Nachts auf der Intensivstation, sie war zu diesem Zeitpunkt beatmet und ihr Herz hat einfach aufgehört zu schlagen.
In diesem Moment blieb die Welt für mich stehen und seitdem ist nichts mehr wie es war.
Ich habe weiter gelebt, mein Arbeitgeber hat mich unterstützt und mir eine neue Chance gegeben.
Inzwischen arbeite ich als Dozentin in der Erwachsenenbildung.
In meinem Leben habe ich aufgeräumt und mich von allen Balast getrennt.
Aber ich funktionierte nur, dann starb vor einem Jahr ganz plötzlich meine ältere Schwester und ich wurde mit voller Wucht zurück in die Trauer um meine Tochter katapultiert, meine Schwester war mein Anker, meine Seelenverwandte.
Im letzten Jahr habe ich dann eine Reha mit dem Schwerpunkt Trauerverarbeitung gemacht.
Seitdem führe ich zwei Leben, eines für die Außenwelt.
Da bin ich die immer lachende Kollegin, mit der man immer Spaß hat.
Aber zuhause bin ich völlig isoliert, vermeide jegliche sozialen Kontakte.
Hier in meiner Wohnung lebe ich mit meiner Trauer.
Ich habe viele geliebte Menschen verloren, aber mit meiner Tochter ist auch ein Teil von mir gestorben.
Seitdem lebe und funktioniere ich, ich kann zwar nach außen lachen, aber innerlich weine ich.
Ich lebe und liebe es junge Menschen in den Beruf zu begleiten, aber ich muss nicht mehr leben, wenn mein Leben vorbei wäre, wäre es so.
Ich habe keine Angst vor dem Tod

Trauer hat für mich kein Verfallsdatum

Ulla

Entschuldigung für den langen Text

Hella

Ich habe in meinem Leben schon sehr früh Kontakt mit dem Tod gehabt.
Mit 6 Jahren war ich dabei als mein Großvater starb, es war in unserer Familie völlig normal, dass wir Kinder dabei waren.
Als ich 7 Jahre alt war verstarb mein Bruder, der Tod gehörte für mich zum Leben dazu.
Viele Jahre später verunglückte meine beste Freundin mit nur 40 Jahren tödlich und der Krebs holte eine Cousine und einen Cousin.
Dann erkrankte meine Mutter an Krebs, innerhalb 2 Wochen mussten wir eine palliative Betreuung zuhause organisieren.
Zusammen mit meinem Vater pflegte ich sie bis zum letzten Atemzug, für mich war es im Nachhinein die intensivste Zeit die ich mit meiner Mutter hatte.
Mein Tochter war schon lange chronisch krank, plötzlich verschlechterte sich ihre Situation, mein Vater starb 4 Jahre nach meiner Mutter und der Gesundheitszustand meiner Tochter verschlechterte sich weiterhin zunehmend.
Von meinem Mann getrennt, musste ich mich um alles alleine kümmern.
Er sah seine Tochter nur noch als Belastung.
Die Pflege war sehr aufwendig, mit Gaben von Medikamenten und Infusionen 24/7.
Dann kam der Tag, der mein Leben völlig veränderte, meine jüngste Tochter verstarb Nachts auf der Intensivstation, sie war zu diesem Zeitpunkt beatmet und ihr Herz hat einfach aufgehört zu schlagen.
In diesem Moment blieb die Welt für mich stehen und seitdem ist nichts mehr wie es war.
Ich habe weiter gelebt, mein Arbeitgeber hat mich unterstützt und mir eine neue Chance gegeben.
Inzwischen arbeite ich als Dozentin in der Erwachsenenbildung.
In meinem Leben habe ich aufgeräumt und mich von allen Balast getrennt.
Aber ich funktionierte nur, dann starb vor einem Jahr ganz plötzlich meine ältere Schwester und ich wurde mit voller Wucht zurück in die Trauer um meine Tochter katapultiert, meine Schwester war mein Anker, meine Seelenverwandte.
Im letzten Jahr habe ich dann eine Reha mit dem Schwerpunkt Trauerverarbeitung gemacht.
Seitdem führe ich zwei Leben, eines für die Außenwelt.
Da bin ich die immer lachende Kollegin, mit der man immer Spaß hat.
Aber zuhause bin ich völlig isoliert, vermeide jegliche sozialen Kontakte.
Hier in meiner Wohnung lebe ich mit meiner Trauer.
Ich habe viele geliebte Menschen verloren, aber mit meiner Tochter ist auch ein Teil von mir gestorben.
Seitdem lebe und funktioniere ich, ich kann zwar nach außen lachen, aber innerlich weine ich.
Ich lebe und liebe es junge Menschen in den Beruf zu begleiten, aber ich muss nicht mehr leben, wenn mein Leben vorbei wäre, wäre es so.
Ich habe keine Angst vor dem Tod

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Ulla

Entschuldigung für den langen Text

Hella

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