Wohin mit meiner Angst?
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"Auch unsere Angst möchte umarmt werden.
Weil Liebe immer die Antwort ist.“
Die Sätze klingen wunderbar, aber viele von euch werden sich fragen, wie man die Angst umarmen kann, die sich doch wie ein Feind in unseren Kopf schleicht und unser Leben so schwer macht.
Ich verstehe den Gedanken. Angst ist aber nicht grundsätzlich schlecht. Sie kann uns beschützen. Sie meint es eigentlich gut mit uns. Aber wenn die Angst krank macht, ist sie eine große Belastung für uns.
Ich möchte euch etwas von mir erzählen.
Jahrelang habe ich meine Ängste als einen Feind gesehen, den es zu besiegen galt. Ich habe wahnsinnig viel Energie dafür aufgebracht, die Angst unter Kontrolle zu halten.
Die Angst vor der Angst war so groß, dass ich alle Situationen gemieden habe, in der sie auftreten könnte. Oft habe ich mich gefragt, warum ICH gerade dieses Problem habe.
Mit 12 Jahren fing es ungefähr an, dass ich mich plötzlich nicht mehr getraut habe, vor der Klasse zu sprechen. Ich habe riesengroße Angst vor dem Sprechen bekommen. Ich bekam solche Blockaden, dass ich rot wurde und anfing zu stottern, sobald ich etwas vor der Klasse sagen musste.
Irgendwann habe ich gar nichts mehr gesagt und lieber schlechte Noten in Kauf genommen. Zu groß war die Angst, mich zu blamieren.
Durch mein Vermeidungsverhalten wurde die Angst aber nicht kleiner, sondern immer größer. Ich konnte bald auch nicht mehr in der Öffentlichkeit sprechen, z. B. wenn ich beim Bäcker Brötchen bestellen wollte oder am Telefon meinen Namen sagen sollte.
Lange habe ich solche Sprüche nicht verstanden:
„Lerne, mit der Angst zu leben.“
Keiner will doch damit leben müssen, ODER?
Heute habe ich es begriffen. Ich kämpfe nicht mehr dagegen an. Ich habe der Angst ein Freundschaftsangebot gemacht:
"Wenn ich dir erlaube, mich zu besuchen, werde ich es aushalten.
Ich werde die Tür nicht mehr vor Dir verschlossen halten.
Du darfst dich zu mir setzen. Aber übertreibe es nicht!
Ich habe meine Grenzen und die zeige ich dir auch."
Glaubt mir. Die Angst möchte einfach nur beachtet und gefühlt werden.
Damit ist sie schon glücklich.
Heute kommt sie nur noch selten vorbei.
Sie sagt: „Hallo Petra, hast du mich vermisst?“
Ich sage: „Hallo Angst, meine gute alte Freundin. Schön, dass du da bist.
Du hast mich oft ganz schön geärgert. Aber du hast mich auch zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Du hast mich so stark werden lassen. Danke Angst.“
Ich bin gespannt, was meine Geschichte in Euch auslöst.
Vielleicht kämpft ihr noch?
Oder habt ihr die Angst schon in die Arme genommen?